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Solid State Disks: Bilanz nach 6 Monaten Produktiveinsatz

Sebastian Kraus — 24.09.2010

Solid State Disks, Festplatten ohne rotierende Magnetscheiben, existieren bereits seit einigen Jahren auf dem Markt. Sie versprechen absurd hohe Datentransferraten zu absurd hohen Preisen. Ich habe nun seit über einem halben Jahr mehrere dieser Platten im Einsatz und ziehe eine erste Bilanz.

Im Einzelhandel können Sie derzeit 2 Terabyte große Festplatten für 85 EUR erwerben. 2 Terabyte entsprechen 2.048 Gigabyte. 80 Gigabyte Solid State Disk kosten derzeit etwa 200 EUR. Der Gigabyte-Preis bei Solid State Disks beträgt also gut das 60-Fache im Vergleich zu klassischen Festplatten. Unter anderen Umständen wäre das ein wirklich schlechtes Geschäft.

Wäre da nicht die versprochene Geschwindigkeit, mit denen die Solid State Disks versprechen zu arbeiten. Eine klassische Festplatte liest unter optimalen Bedingungen (die selten erreicht werden) ca 70 bis 100 MB pro Sekunde. Um den Lesekopf auf der schnell rotierenden Magnetspeicherscheibe zu positionieren und abzuwarten, bis gerade die gewünschten Daten "vorbeifliegen" braucht eine solche Festplatte eine gewisse "Zugriffszeit", die bei 15 bis 20ms in der Praxis liegt.

Die bei mir im Einsatz befindliche Intel SSD X25-M mit 80 GB liest nun mit konstanten 270 MB/s Daten von der Platte, bei einer mittleren Zugriffszeit von 0.2 ms. Damit ist die Lesegeschwindigkeit um den Faktor 3-4 schneller, die Reaktionszeit sogar um den Faktor 100.

Ein weiterer Vorteil dieser "Festkörperlaufwerke" ist die Tatsache, dass es keine mechanisch zu bewegenden Teile mehr gibt. Kein Lesekopf, der bei Stoß gegen den Tisch oder beim Notebook-Betrieb im Auto gegen die rotierende Scheibe kracht, Krater hinterlässt und die Daten an dieser Stelle unlesbar macht. Keine Wärmeentwicklung, kaum Stormverbrauch.

Nun komme ich zum einzigen Makel, der mir neben dem Preis aufgefallen ist: Die Schreibgeschwindigkeit. Hat im jungfräulichen Auslieferungszustand die Schreibrate auch deutlich über 100 MB/s gelegen, was eine Betriebssysteminstallation derart beschleunigt, dass man kaum Zeit hat, den Kaffee zu trinken, sinkt die Schreibrate mit der Zeit stark ab. Das hängt mit der Art zusammen, wie die Daten auf dem Laufwerk gespeichert werden. Aber selbst nach Absinken der Geschwindigkeit bleibt noch so viel Leistung über, dass die SSD mit einer klassischen Festplatte in diesem Punkt gleichzieht.

Damit ist der Einsatzzweck für SSDs klar: Es bringt kaum einen Vorteil die SSD mit zum Bekannten zu nehmen, um sie mir Filmen oder Fotos vollzuballern, da die Schreibgeschwindigkeit keinen Vorteil zu einer klassischen, billigeren und größeren Festplatte bietet. Wo sich die SSD wirklich auszahlt, ist während der Startphase und bei der Arbeit mit dem Betriebssystem. Ein Ubuntu 10.04 Linux auf meinem Office-Rechner startet in unter 2 Sekunden (von Bootloader bis Anmeldebildschirm), Anwendungen wie Firefox, Thunderbird, Openoffice oder Gimp starten mit annähernd Null-Latenz (so als wären Sie bereits geöffnet gewesen und man maximiert nur das Fenster).

Eine weitere Intel SSD X25-M mit 40 GB habe ich in einem Home-Theater PC verbaut, der meinen Fernseher im Wohnzimmer mit Bildern speist. Beim gleichzeitigen Einschalten von Fernseher (ein moderner LCD TV) und PC hat der PC bereits vollständig gebootet und die TV-Anwendungen geladen, bevor der Fernseher überhaupt ein Bild anzeigt. Ferner bietet sich der Einsatz dort natürlich auch an, da die SSD keinerlei Geräusche produziert, was im Wohnzimmer inakzeptabel wäre. Über einen Server mit klassischen Festplatten wird dieser Rechner dann via Netzwerk mit dem Content gespeist.

Ich empfehle bei aller Euphorie aber dennoch etwas Vorsicht im Umgang mit dieser neuen und wenig erprobten Technik, was die Datensicherheit betrifft. SSDs befinden sich nach wie vor im Experimentierstadium, was man an vielen angebotenen Firmware-Updates der Hersteller erkennt. Ferner haben sie natürlich nur einen Bruchteil der Einsatzstunden abgeleistet, die alle klassischen Festplatten auf dieser Welt bereits auf dem Buckel haben. Ich sichere regelmäßig ein komplettes Image der SSD auf eine mitlaufende Festplatte, was angesichts der extrem hohen Lesegeschwindigkeit und der geringen Kapazität wirklich nicht wehtut. Abgesehen davon ist Datensicherung ohnehin immer Pflicht, egal ob SSD oder rotierende Festplatte.

Ich kann zumindest die Intel Modelle der SSDs klar für den Produktiveinsatz empfehlen.

 

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